Diagnostische Marker

Diagnostische Marker

PSC1: Transfer von diagnostischen Markern auf Feldbedingungen/Klinik

Jeronimo Weerts1, Maxim Bashkuev1, Maria Moreno Catala2, Ralf Dietrich2, Adamantios Arampatzis2 & Hendrik Schmidt1

(1) Julius Wolff Institut, Charité Universitätsmedizin Berlin
(2) Institut für Sportwissenschaft, Humboldt-Universität Berlin                                                                                     

Einleitung & Problemdarstellung

Laborgebunde kinematische, kinetische und elektromyographische Untersuchungen bei Rückenschmerzpatienten liefern akkurate und präzise Informationen für ein besseres Verständnis der damit verbundenen Funktionsstörung. Diese Verfahren sind jedoch zeitaufwendig, so dass eine klinische Anwendung nicht realisierbar ist. Zusätzlich können sie oft nicht im Feld also unter realen Bedingungen eingesetzt werden.  Unsere Teilstudie beinhaltet den Transfer von diagnostischen Markern zur Bewertung von unspezifischen Rückenbeschwerden im Spitzensport und der Allgemeinbevölkerung, die unter Laborbedingungen in MiSpEx I entwickelt und validiert wurden, ins Feld. Die Evaluation dieser entwickelten diagnostischen Marker steht hierbei im Vordergrund. Darüber hinaus wird überprüft, inwiefern die entwickelten Marker zur Bewertung der Therapie von Rückenbeschwerden angewandt werden können.

Methodik

Es werden Probanden aus dem Spitzensport und der Allgemeinbevölkerung mit und ohne Rückenbeschwerden sowohl unter Labor- als auch unter Feldbedingungen im Alter zwischen 14 und 80 Jahren untersucht. Durch den Vergleich der unter Feldbedingungen erhobenen diagnostischen Parameter mit etablierten Markern unter Laborbedingungen wird der Transfer der Diagnostik von Labor- zu Feldbedingungen realisiert. Im Labor werden Methoden der Kinemetrie (Vicon System, Epionics SPINE), der Dynamometrie (isokinetische Dynamometer Biodex, Kraftmessplatten, KISTLER, Amti) und der Elektromyographie (myon, Biovision) angewandt. Unter Feldbedingungen werden mobile Messsysteme wie Beschleunigungsaufnehmer, dehnungsstreifenbasierte Rückenvermessungssysteme, mobile Kraftmessdosen und mobile EMG-Systeme verwendet. Als Messgrößen werden die segmentalen und globalen Bewegungsumfänge sowie die Form der Wirbelsäule, Winkel-Geschwindigkeitsprofile, Koordination zwischen Lendenwirbelsäule und Becken (Lumbo-Pelvic-Ratio), der Spinal Rhythm, die Kraft und die neuromuskuläre Kontrolle der Rumpfmuskulatur (Bestimmung der dynamischen Stabilität über Zeitreihenanalysen – Lyaponov Exponenten – und die modulare Kontrolle basierend auf dem Muskel-Synergien-Konzept) erhoben.

Zu den Transferzentren gehören niedergelassene Ärzte, Sportschulen, der Olympiastützpunkt Berlin, das Rehazentrum Virchow GbR, Ambulante Zentren der Charité sowie Sportspitzenverbände.

Ergebnisse

Zum Transfer von diagnostischen Markern zur Bewertung von unspezifischen Rückenbeschwerden im Spitzensport ins Feld wurden mobile Messsysteme und/oder Messmethode entwickelt:

  • Mobiles Kraftgerät für die Untersuchung der isometrischen Kraft der Rumpfextensoren und -flexoren.
  • Mobile Untersuchung der Lokalen Stabilität des Rumpfes (Methode: Lyapunov Exponenten) mittels dreidimensionale Beschleunigungs­sensoren.
  • Mobile Untersuchung von Muskel-Synergien durch ein mobiles EMG-System.
  • Mobiles Perturbationsgerät für die Diagnostik von Defiziten in der neuromuskulären Kontrolle des Rumpfes
  • Mobile Untersuchung der segmentalen und globalen Bewegungen, sowie die Form der Wirbelsäule und des Beckens

Die Abbildung 1 zeigt  beispielhaft die Anwendung eines mobilen kinematischen Messsystems im Labor bzw. Ergometer sowie unter Feldbedingungen (auf dem Wasser). Zu erkennen ist ein unterschiedliches Bewegungsverhalten (Bewegungsumfang des Beckens / Lendenwirbelsäulen-Becken-Koordination) zwischen den beiden Testsituationen.

Abbildung 1 Vergleich des Ruderverhaltens im Trainingssetting (Ergometer) und unter Feldbedingungen (Wasser).

In Abbildung 2 ist das mobile Kraftmessgerät dargestellt, das im Rahmen dieses Projekts entwickelt worden ist. Es ist, durch die Änderung der Sitzposition, für die Messung von Rumpfextension und -flexion konzipiert. Damit werden z.B. gerade die Spieler zweier Bundesligamannschaften (Hockey, Rugby – Projekt: PSB-3) untersucht.

Für die Bestimmung des Lumbo-Pelvic-Ratio ist die Position des Beckens und der Lendenwirbelsäule notwendig. Dazu werden zwei dreidimensionale Beschleunigungssensoren (ACC) eingesetzt (Abb.2). Die Sensordaten werden über eine Datenloggerbox mit 1000 Hz und einer Auflösung von 24-Bit aufgenommen.

Abbildung 2 zeigt das mobile Kraftmessgerät für Rumpfextension und -flexion und den zeitlichen Verlauf einer aufgenommenen Flexions-Kraftkurve.

Abbildung 3 zeigt die beiden Beschleunigungssensoren und die Datenerfassungs-Box für die Bestimmung des Lumbar-Pelvic-Ratio. Der Verlauf der Orientierung in der Bewegungsebene für 3 maximale Rumpfflexionen ist auf der rechten Seite dargestellt

Schlussfolgerung

Die in der Test- und Entwicklungsphase konzipierten Messgeräte und Messverfahren belegen, auch unter Feldbedingungen, in den aktuellen MiSpEx-Projekten ihre Anwendbarkeit. Sie belegen weiterhin, dass die Nutzung diagnostischer Marker zusätzliche Informationen über funktionelle Defizite von Sportlern und der Allgemeinbevölkerung liefern kann.

Kontaktadressen

(1) Prof. Dr. Hendrik Schmidt / Jeronimo Weerts / Maxim Bashkuev Charité
Universitätsmedizin Berlin, Julius Wolff Institute
Campus Virchow-Klinikum
Augustenburger Platz 1
13353 Berlin
www.spine-biomechanics.com

(2) Prof. Dr. Adiamantios Arampazis / Dr. Ralf Dietrich / Dr. Maria Moreno
Humboldt Universität Berlin – Institut für Sportwissenschaft
Abt. Trainings- und Bewegungswissenschaft
Philippstr. 13
10115 Berlin