Dosis-Wirkung

PSD8: Viel hilft viel? Die Dosis-Wirkungs-Beziehung der sensomotorischen Intervention und zusätzliche Effekte von physiotherapeutischen Maßnahmen

Schön Klinik München-Harlaching – Sportorthopädisches Institut

Einleitung & Problemstellung

Während in der Machbarkeitsstudie (MSB) bereits die Wirkung der sensomotorischen Trainingsintervention (SMT) bestätigt wurde, bleibt die Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen Trainingshäufigkeit und Adaptationsprozessen wie Schmerzintensität bislang unklar. In Teil 1 der vorliegenden Studie soll daher getestet werden, ob dieser Zusammenhang linear verläuft (viel hilft viel) oder vielmehr einen optimalen Trend aufzeigt. Darüber hinaus werden Zusatzeffekte passiver und aktiver Physiotherapie in Begleitung zum SMT getestet (Teil2).

Methodik

Die Studie wurde im randomisierten, kontrollierten (RCT) 3 Gruppendesign mit einer 12-wöchigen Interventionsphase (3 Wochen center-based, 9 Wochen home-based) mit N=90 Probanden (53w/37m, 42±12 Jahre, 173±9 cm, 75±15 kg) durchgeführt.

Um die Dosis-Wirkungs-Beziehung des SMT zu testen, absolvierte eine Gruppe fünf Mal pro Woche das SMT (SMT_5; N=25). Darüber hinaus wurden zwei weitere Gruppen eingeteilt, die zusätzlich zum dreimaligen SMT, einmal pro Woche aktive (SMT_3a; N=33) oder passive Physiotherapie (SMT_3p; N=32) für die Dauer von 12 Wochen erhielten.

Gemäß des MSB-Studiendesigns, erfolgten die Messungen zu den Zeitpunkten M1, M2 nach 3 Wochen  (Abschluss Center-Based (CB) Training), M3 nach 6 Wochen, M4 nach 12  Wochen (Abschluss Home-Based (HB) Training) und M5 nach einem halben Jahr follow-up. Im Rahmen der Messungen wurde jeweils eine isometrische Maximalkraftmessung [Nm], die posturale Stabilität via Einbeinstand (COP) und die physikalische Fitness über Maximalkraftsprünge (CMJ) ermittelt. Des Weiteren wurden mittels Fragebogen zu jedem Messtag die Schmerzintensität erfasst (VAS, KORFF).

Die Berechnung von Interventionseffekten erfolgte mittels einer ANOVA mit Messwiederholung (α=0.05), um die Wechselwirkung von Messterminen und Gruppen aufzuzeigen.

X² wurde verwendet, um die Teilnahme und Trainingshäufigkeiten zu vergleichen.

Ergebnisse

Teil 1

In SMT_5 steigen nicht nur die Maximalkraftwerte am stärksten im Gruppenvergleich (Wechselwirkung Flexion p<0,01), sondern es ist zudem eine Verbesserung im Kraftquotienten des Rumpfes (Flexion/Extension, 0,51±1,36) auf den in der Gesunden Population beobachteten Mittelwerten (0,52±0,02) bereits ab M2 zu beobachten.

Bei der Schmerzintensität zeichnet sich ein Cut-Off Wert ab. Während diese bei SMT_3 von M1 (1,53±1,62) zu M5 (0,89±1,25) linear abnimmt, steigt in SMT_5 der Schmerz zunächst von M1 (1,84±1,79) zu M2 (2,41±2,17) an und sinkt erst ab der HB-Trainingsphase, zu welcher im Schnitt nur noch 1,7x/Woche trainiert wird (M4:1,47±1,42; M5:1±0,96). Die posturale Stabilität (COP in [mm]) verbessert sich in SMT_5 durchschnittlich um 16,26% (M1: 538,93±181,53; M5: 451,29±130,25) und in SMT_3 nur um 9,29% (M1: 419,47±157,68; M5: 380,5±153,65).

Zudem steigt die physikalische Fitness (CMJ in [cm]) in SMT_5 um 21,67% (M1: 17,75±5,97; M5:21,60±7,72) und in SMT_3 um 3,39% (M1: 20,73±7,58; M5: 21,43±7,92).

Abbildung 1: Grobdarstellung Dosis-Wirkungs-Beziehung von Trainingshäufigkeit und Adaptationen

Besonders anzumerken ist, dass nicht nur die Drop-Out Quote in der SMT_5 Gruppe höher ist als in SMT_3, sondern auch die Trainings-Compliance signifikant geringer als in SMT_3 (p=0,005). Dies zeichnet sich in der durchschnittlichen Trainingshäufigkeit von 1,70x/ Woche ab der HB-Trainingsphase ab.

Abbildung 2: Drop-Out Rate und Trainings-Compliance im Gruppenvergleich

In den Physiotherapie Gruppen lassen sich hinsichtlich der Outcomes keine signifikanten Unterschiede zur SMT_3 Gruppe (ANOVA, p>0,05) aufzeigen. Signifikante Differenzen zeigen sich allerdings in der Drop-Out Rate zwischen den Gruppen. Personen, die zusätzliche Physiotherapie erhielten (SMT_3p und SMT_3a) haben eine signifikant geringere Drop-Out Rate (X², p<0,05) als Personen ohne physiotherapeutische Behandlung (SMT_3). Ebenfalls ist deskriptiv der Trend zu erkennen, dass die Compliance dieser Gruppen sich unterscheidet (X², p>0,05).

Zusammenfassung

Hinsichtlich der Schmerzintensität erscheint eine Trainingshäufigkeit von max. 2-3x/ Woche optimal. In Bezug auf die Outcomes der biomechanischen Untersuchungen hilft viel auch viel, aufgrund des Zeitaufwandes geht dies jedoch mit niedriger Compliance einher. Um das Training also effektiv zu gestalten empfiehlt sich daher eine Frequenz von 2-3 Trainingseinheiten pro Woche beizubehalten. Zusätzliche physiotherapeutische Effekte scheinen v.a. einen Einfluss auf die Motivation der Probanden bzgl. der regelmäßigen Durchführung der SMT auszuüben und sind daher vor allem zur Bildung einer Routine im Anfangsstadium anzuraten.

Arbeitsgruppe:

Schneider,  C., Haag, T.-B., Handel, M., Korthals, I.

Kooperationspartner:

12 Physiotherapiepraxen in München

Literatur

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