Kognitive und Verhaltenstherapie

Kognitive und Verhaltenstherapie

PSA13: Machbarkeitsstudie zu psychosozialen Interventionen bei nicht-spezifischen Rückenschmerzen im Leistungssport und der Allgemeinbevölkerung  

Jens Kleinert1, Monika Hasenbring2, Johanna Belz1, Inga Boldt1, Jahan Heidari3, Claudia Levenig2, Tobias Mierswa3, Ida Ott1, Sarah Schomberg3, Kerstin Wenge1, Michael Kellmann3,4 

1Deutsche Sporthochschule Köln, Abt. Gesundheit & Sozialpsychologie

2Ruhr-Universität Bochum, Abt. Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie 3Ruhr-Universität Bochum, Lehr- und Forschungsbereich Sportpsychologie

4The University of Queensland, Brisbane, Australien, School of Human Movement Studies and School of Psychology

Einleitung & Problemstellung

Obwohl die Wirksamkeit psychosozialer Ansätze in der Behandlung von Rückenschmerzen hinrei­chend belegt ist1, scheitert es häufig an der adäquaten Integration von psychosozialen Interventionen in die physiotherapeutische Praxis2,3. Ziel der vorliegenden Studie war es daher, die Machbarkeit und Umsetzbarkeit von Therapiebausteinen zur Schmerz­ver­arbeitung, zum Erholungsverhalten, zur Therapiemotivation und zur Körperwahrnehmung zu un­tersuchen.

Methodik

Aufbauend auf den Ergebnissen der PSA12 wurden im zweiten Teil des Projekts Therapiebausteine zur Optimierung der Schmerzverarbeitung (TBS), des Erholungsverhaltens (TBE), der Körperwahrnehmung (TBK) und der Therapiemotivation (TBM) bei Patienten mit nicht-spezifischen Rückenschmerzen entwickelt und auf ihre Machbarkeit geprüft. Dazu wurden 12 Sport- bzw. Physiotherapeuten in der Theorie und Anwendung der Therapiebausteine geschult, um  diese über einen Zeitraum von vier Monaten in der bewegungstherapeutischen Behandlung von 139 Rückenschmerzpatienten einzusetzen. In sechs Sitzungen zu je 20 Minuten wurden die Inhalte im Rahmen der regulären Physiotherapie zusätzlich vermittelt. Im Anschluss an die sechs Sitzungen wurden die Therapeuten mittels Fragebogen und semistrukturiertem Interview gebeten, die Bausteine hinsichtlich bestimmter Evaluationsparameter, jeweils getrennt für die verschiedenen Therapiebaustein-Blöcke, einzuschätzen. Diese Bewertung erfolgte auf einer sechs-stufigen Ratingskala (1 = trifft gar nicht zu; 6 = trifft völlig zu). Ebenso wurde jeder Baustein bezüglich seiner Integrierbarkeit („Das Tool lässt sich gut in den Behandlungsalltag integrieren“) beurteilt. Die sechs Leitfragen aus dem semistrukturierten Interview leiteten sich inhaltlich von den Evaluationsparametern ab.

Ergebnisse

Die Therapeutenakzeptanz wurde sowohl für TBE (M = 4.80; SD = 0.97) als auch für TBS (M = 4.90; SD = 1.47) insgesamt als hoch bewertet. Hinsichtlich der Patientenakzeptanz zeigten die Ergebnisse, dass die TBS höhere Akzeptanzwerte erreichten (M = 4.10; SD = 0.65) als die TBE (M = 3.85; SD = 0.86). Auch die Praktikabilität der TBS (M = 3.60; SD = 1.67) wurde im Vergleich zur TBE (M = 3.20; SD = 1.48) als höher eingestuft. Abschließend war die Bereitschaft zur Adoption der Inhalte der TBS (M = 4.30; SD = 1.30) und TBE (M = 4.50; SD = 0.50) nahezu identisch. Bei der Bewertung der einzelnen Bausteine wurden das Erholungstagebuch (M = 5.60; SD = 0.55) und das Informationsblatt Erholung (M = 5.20; SD = 0.84) als am leichtesten integrierbar eingestuft. Die Akzeptanz der Therapiebausteine TBK und TBM seitens der Therapeuten war mittel bis hoch ausgeprägt (M = 4.21; SD = 1.10). Aus Therapeutensicht lag die Akzeptanz seitens der Patienten im Mittel bei 4.13 (SD = 1.51). Die wahrgenommene Praktikabilität der Therapiebausteine lag ebenso im mittleren Bereich (M =  3.88; SD = 1.77); Therapiebausteine mit aktiven Übungen (z.B. Hand führt Rücken; M = 5.00; SD = 1.18) und Visualisierungstechniken (z.B. Grand Canyon; M = 3.80; SD = 2.25) waren laut Therapeutinnen und Therapeuten leichter in den Praxisalltag zu integrieren als solche, bei denen zusätzliches Material eingesetzt wurde (z.B. Kartenspiel; M = 2.30; SD = 1.16). Die Bereitschaft zur Adoption der Inhalte der TBM und TBK wurden als mittel bis hoch gewertet (M = 4.33; SD = 1.40).

Diskussion

Die Verwendung integrativer Therapiebausteine zum Thema Schmerzverarbeitung, Erholung, Therapiemotivation und Körperwahrnehmung in der physiotherapeutischen Behandlung von nicht-spezifischen Rückenschmerzen erscheint möglich und wurde von den Therapeuten insgesamt als positiv beurteilt. Auftretende Probleme in Bezug auf die Praktikabilität4,5 müssen in nachfolgenden Ansätzen angegangen werden, damit die Bausteine einer breiten Patientengruppe verfügbar gemacht werden können. In einer geplanten Anschlussstudie werden die überarbeiteten Tools als Interventionen im Vergleich zu einer Kontrollgruppe eingesetzt und deren Wirksamkeit erforscht.

Statement

Die Mehrzahl der Therapiebausteine wurde von den Physiotherapeuten als positiv wahrgenommen. Als Hindernisse für die Durchführbarkeit der einzelnen Maßnahmen wurden organisatorische und strukturelle Defizite benannt

Literatur

  1. Main CJ, George SZ. Psychologically informed practice for management of low back pain: Future directions in practice and research. Phys Ther. 2011;91(5):820-824.
  2. Gray H, Howe T. Physiotherapists‘ assessment and management of psychosocial factors (Yellow and Blue Flags) in individuals with back pain. Physical Therapy Reviews. 2013;18(5):379-394.
  3. Valjakka AL, Salanterä S, Laitila A, Julkunen J, Hagelberg NM. The association between physicians’ attitudes to psychosocial aspects of low back pain and reported clinical behaviour: A complex issue. Scandinavian Journal of Pain.4(1):25-30.
  4. Nielsen M, Keefe FJ, Bennell K, Jull GA. Physical therapist-delivered cognitive-behavioral therapy: a qualitative study of physical therapists‘ perceptions and experiences. Phys Ther. 2014;94(2):197-209.
  5. Foster NE, Thomas E, Bishop A, Dunn KM, Main CJ. Distinctiveness of psychological obstacles to recovery in low back pain patients in primary care. Pain. 2010;148(3):398-406.

Kontaktadressen

Prof. Dr. Jens Kleinert
Abt. Gesundheit & Sozialpsychologie Psychologisches
Institut Deutsche Sporthochschule Köln
Am Sportpark Müngersdorf 6
50933 Köln
+49 (0) 221 4982 5490
Kleinert@dshs-koeln.de

Prof. Dr. Monika Hasenbring
Abt. Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie
Fakultät Medizin
Ruhr-Universität Bochum
Universitätsstr. 150
44780 Bochum
+49 (0) 234 32 25439
Monika.Hasenbring@rub.de

Prof. Dr. Michael Kellmann
Lehr- und Forschungsbereich Sportpsychologie
Fakultät für Sportwissenschaft
Ruhr-Universität Bochum
Gesundheitscampus Nord, Haus 10
44801 Bochum, +49 (0) 234 32 28448
michael.kellmann@rub.de