Psychosoziale Patientenkompetenzen – Prävention

Psychosoziale Patientenkompetenzen – Prävention

PSB2 (Prävention): Psychosoziale Faktoren in der Prävention von Rückenschmerzen im Leistungssport

 

Jens Kleinert1, Johanna Belz1, Monika Hasenbring2, Michael Kellmann2, Jahan Heidari2 & Claudia Levenig2,

1Deutsche Sporthochschule Köln, 2Ruhr-Universität Bochum

Einleitung & Problemdarstellung

Da Rückenschmerzen ein wichtiger Grund für verpasste Trainingstage, fehlende Spielzeit und Einschränkungen im täglichen Leben von Leistungssportlern sind1, ist es wichtig, Rückenschmerz schon frühzeitig vorzubeugen. Wie wichtig die Prävention von Rückenschmerzen im Leistungssport ist, zeigte eine deutsche Studie mit rund 1000 Leistungssportler/innen, laut derer 53% der Sportler/innen bereits unter Rückenschmerzen gelitten haben2. Um Rückenschmerzen vorzubeugen, führen daher die meisten Leistungssportler/innen als Teil von ihrem sportspezifischen Training oder eigenständig Übungen zur Stärkung ihres Rückens durch3.

Psychosoziale Faktoren spielen im Rahmen der Rückenschmerzprävention unterschiedliche Rollen, was bislang in der medizinischen Versorgung und im Arbeitskontext anhand systematischer Literaturübersichten gezeigt werden konnte4,5,6. Dagegen wurde diese Beziehung im Kontext von Leistungssport noch nicht hinreichend beleuchtet. Auch motivationale Fragestellungen, die mit dem Ausmaß an präventivem Rückentraining zusammenhängen, wurden bisher nur in der militärischen Ausbildung untersucht7, jedoch nicht im Leistungssport.

Entsprechend war es das erste Ziel dieser Parallelstudie (Projektteil Prävention), den Zusammenhang zwischen dem Ausmaß an präventivem Rückentraining und den psychosozialen Faktoren Motivation und Selbstwirksamkeit, Erholung und Beanspruchung und Schmerzverarbeitung im Rahmen einer Querschnittstudie zu untersuchen. Zweites Ziel dieser Parallelstudie (Projektteil Prävention) stellte die Entwicklung von Interventionstools auf Basis der Ergebnisse der Querschnittstudie und der Einsatz und die Evaluation dieser Interventionstools dar.

Methodik

Querschnittstudie: 346 Leistungssportler/innen aus 15 verschiedenen Sportdisziplinen nahmen an der Studie teil. 42.6% der Leistungssportler/innen waren weiblich und im Mittel waren sie 18.3 Jahre alt (SD = 5.39 Jahre). Das Leistungsniveau der Sportler/innen erstreckte sich über die 1.-3. Bundesliga, Regionalliga sowie den A- bis D-Kader. Zunächst wurden die Leistungssportler/innen hinsichtlich des Ausmaßes (Häufigkeit und Dauer) an im Training und eigenständig durchgeführtem präventivem Rückentraining befragt. Motivation und Selbstwirksamkeit bezüglich präventivem Rückentraining wurden mithilfe der übersetzten und modifizierten Version des Behavioral Regulation Questionnaire8 und der übersetzten Version der Multidimensional Self-Efficacy in Exercise Scale9 erfasst. Der Erholungs-Belastungs-Fragebogen mit 24 Items10 wurde eingesetzt, um den Erholungs- und Beanspruchungszustand der Leistungssportler/innen zu untersuchen. Schmerzverarbeitungstypen wurden mithilfe des Avoidance-Endurance-Questionnaire11 (Erfassung der Gedankenunterdrückung durch die Thought Suppression Scale mit 4 Items und Erfassung der Verhaltensausdauer durch die Behavioral Endurance Scale mit 12 Items) ermittelt. Als Teil der Schmerzverarbeitung wurde zusätzlich das Beck‘s Depression Inventory Primary Care12 eingesetzt. Rückenschmerz wurde mit der deutschen Version des Chronic Pain Grade13 erfasst. Der Gesamtfragebogen wurde von den Leistungssportler/innen einmalig vor einer Trainingseinheit bzw. im Rahmen eines Trainingslagers oder Lehrgangs ausgefüllt.

Interventionsstudie: Die genaue Methodik steht zu diesem Zeitpunkt noch aus.

Ergebnisse

Querschnittstudie: Insgesamt berichteten 46.8% der Leistungssportler/innen von Rückenschmerzen innerhalb der letzten drei Monate. Es zeigte sich, dass die planungsbezogene Selbstwirksamkeit der Leistungssportler/innen dafür ausschlaggebend war, wie häufig sie eigenständig präventive Rückenübungen ausführten (β = .17, p < .05, r2korr = .11). Die intrinsische Motivation dagegen konnte vorhersagen, wie lang das eigenständig durchgeführte präventive Rückentraining jeweils ausgeführt wurde (β = .25, p < .001, r2korr = .12). Ergebnisse zu den Themenbereichen Erholung und Beanspruchung und Schmerzverarbeitung stehen noch aus.

Interventionsstudie: Ergebnisse stehen zu diesem Zeitpunkt noch aus.

Diskussion

Querschnittstudie: Die untersuchten psychosozialen Faktoren Selbstwirksamkeit und Motivation scheinen eine wichtige Rolle für die Umsetzung von eigenständig durchgeführten präventiven Rückentraining im Leistungssport zu spielen. Auf Basis der vorliegenden Ergebnisse sollen in einer folgenden Interventionsstudie Interventionstools entwickelt werden, um die genannten psychosozialen Faktoren zu stärken.

Interventionsstudie: Diskussion steht zu diesem Zeitpunkt noch aus.

Zusammenfassung

Fast die Hälfte der untersuchten Leistungssportler/innen berichten von Rückenschmerzen innerhalb der letzten drei Monate. In der Prävention von Rückenschmerzen spielen psychosoziale Faktoren eine wichtige Rolle und sollten mittels Interventionstools gestärkt werden.

Literatur

  1. Zamani E, Kordi R, Noorian N, Hossein Memari A, Nourian R, Shariati M. Low back pain functional disability in athletes; Conceptualization and initial development of a questionnaire. Asian Journal of Sports Medicine. 2014;5(4).
  2. Schulz SS, Lenz K, Büttner-Janz K. Severe back pain in elite athletes: A cross-sectional study on 929 top athletes of Germany. European Spine Journal. 2016; 25(4).
  3. Goertzen M, Zinser W. Langzeitanalyse der Prävalenz und „life-time“-Inzidenz von Wirbelsäulenbeschwerden nach Beendigung des Hochleistungssports. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin. 1998; 49(1): 9–17.
  4. Linton S. A Review of Psychological Risk Factors in Back and Neck Pain. Spine. 2000; 25(9): 1148–1156.
  5. Pincus T, Burton AK, Vogel S, Field AP. A systematic review of psychological factors as predictors of chronicity/disability in prospective cohorts of low back pain. Spine. 2002; 27(5): 109–120.
  6. Ramond A, Bouton C, Richard I, Roquelaure Y, Baufreton C, Legrand E, Huez, JF. Psychosocial risk factors for chronic low back pain in primary care: A systematic review. Family Practice. 2011; 28(1): 12–21.
  7. George SZ, Childs JD, Teyhen DS, Wu SS, Wright AC, Dugan JS, Robinson ME. Brief psychosocial education, not core stabilization, reduced incidence of low back pain: results from the Prevention of Low Back Pain in the Military (POLM) cluster randomized trial. BMC Medicine. 2011; 9: 128–139.
  8. Kleinert J, Wasserkampf A. A short and context-free behavioral regulation questionnaire (BRQ-12). Köln: Deutsche Sporthochschule Köln; 2016.
  9. Rodgers MW, Wilson PM, Hall CR, Fraser SN, Murray TC. Evidence for a multidimensional self-efficacy for exercise scale. Research quarterly for exercise and sport. 2008; 79(2): 222–234.
  10. Kallus KW. Chapter 2: RESTQ-Basic: The general version of the RESTQ. In Kallus KW, Kellmann M, Hrsg. The Recovery-Stress Questionnaires: User manual. Frankfurt: Pearson; 2016: 49–85.
  11. Hasenbring M, Hallner D, Rusu AC. Fear-avoidance- and endurance-related responses to pain: Development and validation of the Avoidance-Endurance Questionnaire (AEQ). European Journal of Pain. 2009; 13(6): 620–628.
  12. Beck AT, Guth D, Steer RA, Ball R. Screening for major depression disorders in medical inpatients with the Beck Depression Inventory for Primary Care. Behavioral Reserach Theory. 1997; 35: 785–791.
  13. Klasen BW, Hallner D, Schaub C, Willburger R, Hasenbring M. Validation and reliability of the German version of the Chronic Pain Grade questionnaire in primary care back pain patients. GMS Psycho-Social-Medicine. 2004; 1: 1–12.

Kontaktadresse

Johanna Belz
Deutsche Sporthochschule Köln
Psychologisches Institut
Abt. Gesundheit & Sozialpsychologie
Am Sportpark Müngersdorf 6
50933 Köln
+49(0)221 4982-5530